Inflation und hohe Zinsen, Ressourcenknappheit und Klimakrise: Die aktuellen Krisen haben laut einer Umfrage deutliche Auswirkungen auf die Geschäftsaktivitäten in der Bauindustrie. Jedes zweite befragte Unternehmen bekommt die multiplen Krisen deutlich zu spüren. In Sachen Nachhaltigkeit geht es derweil trotzdem voran. Zu diesen Ergebnissen kommt eine Befragung im Auftrag der Unternehmensberatung PwC Deutschland unter 100 Bauunternehmen, Planern und Projektsteuerern.
Der Boom in der Bauindustrie ist vorbei.
Rebekka Berbner, Partnerin bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure
„Der Boom in der Bauindustrie ist vorbei. Die Unternehmen der Branche müssen derzeit viele Krisen gleichzeitig bewältigen: Kostendruck, Nachfrageprobleme, Projektstopps und Fachkräftemangel sind nur einige Probleme, mit denen Baufirmen aktuell zu kämpfen haben“, so Rebekka Berbner, Partnerin bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure.
Insbesondere die Volatilität der Preise macht den Unternehmen derzeit zu schaffen: 86 Prozent der Befragten beklagen sich darüber. Aber auch der zunehmende Kostendruck belastet die Baufirmen (83 %). Zudem sind immer mehr Bauunternehmen und insbesondere Planer/Projektsteuerer von einem Wegfall von Projekten betroffen: In der aktuellen Studie berichten drei Viertel der Unternehmen (77 %), dass ihnen derzeit Aufträge wegbrechen (Vorjahr: 55 %).
Die Mehrheit der Befragten sieht folglich große Veränderungen auf die Branche zukommen: Rund zwei Drittel rechnen damit, dass sie mittelfristig neue Geschäftsfelder entwickeln werden. Jeder Zweite geht sogar von einer Neuausrichtung des Unternehmens aus, um die eigene Zukunftsfähigkeit zu sichern.
In Sachen Nachhaltigkeit geht es voran
Beim Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit gibt es in der Branche laut der Umfrage Fortschritte: Inzwischen haben demnach 70 Prozent der Unternehmen allgemeine oder projektspezifische Nachhaltigkeitsstandards etabliert – ein Plus von neun Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und laut PwC Deutschland „ein wichtiger Meilenstein“.
Der wichtigste Treiber für die Umsetzung von Nachhaltigkeitsstandards sind gesetzliche Vorgaben, sagen zwei Drittel der Bauunternehmen und Planer. Aber auch der Druck seitens Kunden und Auftraggebern wächst: Rund die Hälfte der befragten Unternehmen (46 %) setzen Nachhaltigkeitsstandards um, weil ihre Auftraggeber beziehungsweise Kunden dies fordern.
Die Branche ist durchaus bereit, Veränderungen anzunehmen.
Rebekka Berbner, Partnerin bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure
„Die an den Bausektor gestellten Erwartungen als einer der größten CO₂-Emittenten sind verständlicherweise hoch – und die Branche ist durchaus bereit, Veränderungen anzunehmen, wenn klare gesetzliche Vorgaben und Anforderungen seitens Kunden und Auftraggebern definiert sind“, so Christian Elsholz,Partner bei PwC Deutschland im Bereich Capital Projects & Infrastructure.
Bei der konsequenten Anwendung der Nachhaltigkeitsstandards besteht jedoch noch Luft nach oben: Nur gut ein Drittel der Unternehmen setzt die ESG-Standards (ESG = Environmental, Social, Governance, deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung) bereits vollumfänglich um, wobei sich dieser Anteil im Vergleich zum Vorjahr um elf Prozentpunkte erhöht hat.
Nachhaltigkeit sei wie die Digitalisierung kein Selbstzweck, sondern diene der wirtschaftlichen Zukunftssicherung in der Bauindustrie, sagt PwC-Expertin Berbner. „Um bei diesen Themen Fortschritte zu machen, braucht es ein hohes Maß an Veränderungsbereitschaft. Deshalb kommt es jetzt darauf an, die aktuellen Strukturen und Abläufe auf den Prüfstand zu stellen, konkrete Roadmaps abzuleiten und belastbare KPIs zur Erfolgsmessung zu definieren.“