Der Zentrale Immobilien Ausschuss e.V. (ZIA) ist der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft. Präsident Andreas Mattner hat im Februar das Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen vorgestellt und an Bundesbauministerin Klara Geywitz übergeben. Das Kompendium belegt laut dem Verband unsichere Aussichten für Teile der Branche und „finstere Perspektiven“ für alle, die in Deutschland Wohnraum schaffen wollen oder dringend eine Wohnung suchen.
„Die Analyse der Experten ist nicht nur ein Wake-up call, sondern in einigen Punkten ein regelrechter Sirenen-Alarm“, kommentiert Mattner die Ergebnisse. „Eine Schwarze Null bei Wohnungsneuentwicklungen würde man erst bei einer Durchschnittsmiete von 21 Euro erzielen, das ist nicht möglich. Wer also baut, geht bankrott.“
Prof. Lars P. Feld, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, beschreibt das Grundproblem so: „Aufgrund erhöhter Baukosten und Finanzierungsschwierigkeiten, ausgelöst durch das höhere Zinsniveau, sind viele Bauvorhaben nicht mehr rentabel und werden zurückgezogen.“ Feld analysiert im Gutachten die gesamtwirtschaftliche Lage. Seine Einschätzung: Die Stornierungswelle könnte sich weiter fortsetzen, da die Rahmenbedingungen für Bauinvestitionen vorerst ungünstig bleiben dürften.
Das Frühjahrsgutachten zeigt, dass trotz geopolitischer Risiken und wirtschaftspolitischer Unsicherheit eine gesamtwirtschaftliche Aufhellung möglich ist und die Immobilienwirtschaft daran teilhaben kann. „Das muss unbedingt gelingen. Denn die Branche legt buchstäblich Fundamente für ökonomische Stärke und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Und der braucht zwingend Stabilität“, so Mattner. „Im Jahr 2024 mehr denn je.“
Nach ZIA-Berechnungen werden in diesem Jahr 600.000 Wohnungen fehlen, in 2027 dann sogar 830.000.
Feld schreibt im Gutachten, besonders bei der energetischen Sanierung könnten Förderprogramme zusätzliche Investitionsanreize setzen und dem Rückgang der Investitionstätigkeit entgegensteuern. Beherztere Schritte seien erforderlich, um einen stärkeren Anreiz für Investitionen durch geringere Regulierungskosten zu schaffen. „Es ist die schiere Vielheit von regulatorischen Einzelmaßnahmen, die den deutschen Gulliver lähmt.“
Wichtige Hebel aus Sicht des ZIA
- Der Bund stellt für das Programm klimafreundlicher Neubau im Niedrigpreissegment (KNN) eine Milliarde Euro in diesem Jahr bereit. Diesen Vorstoß der Bundesbauministerin begrüßt der ZIA, dringt jedoch auf einen größeren Schritt: Ein KfW-Programm, das die Marktzinsen auf zwei Prozent reduziert, brächte bei einer Fördersumme von drei Milliarden Euro 100.000 zusätzliche Wohnungen. Neun Milliarden Euro vom Staat brächten mit 300.000 Extra-Wohnungen die wichtige Wende für den Wohnungsmarkt. Nach ZIA-Berechnungen kostet das Programm in zehn Jahren für 100.000 Wohnungen zunächst insgesamt drei Milliarden Euro. Es kämen aber 3,3 Milliarden Euro durch Umsatzsteuer und eine Milliarde durch ersparte Transferkosten für Arbeitslosigkeit wieder rein. Und in der Zeit gäbe es zudem knapp eine Milliarde Euro an Grundsteuern.
- Ein temporärer Verzicht auf die Grunderwerbsteuer oder kommunale Abschöpfungen beim Wohnungsbau wären „der Superturbo“ (Mattner) – für den Wohnungsbau und die Ökonomie insgesamt. Denn Einnahme-Zuwächse über die Umsatzsteuer auf Bauleistungen und die Grundsteuer würden die Ausgaben mehr als ausgleichen. Und: Der drohende Abbau von Arbeitsplätzen bei Jobverlusten in der Bauwirtschaft würde den Staat über Transferkosten erheblich belasten.
- Die von Bundesregierung und Bundestag gewünschten steuerlichen Anreize über die degressive AfA seien unverzichtbar. Sie dürfe im Wachstumschancengesetz nicht mit anderen sachfremden Fragen verknüpft werden.
Dass Bund und Länder sich auf einen Beschleunigungs-Pakt für Planungs- und Genehmigungsprozesse verständigt haben, ist aus ZIA-Sicht ein Lichtblick.
Das vollständige Frühjahrsgutachten 2024 sowie die Zusammenfassung ist unter www.fruehjahrsgutachten.de veröffentlicht.