Die Baugenehmigungszahlen in Baden-Württemberg für das gesamte Jahr 2023 fielen laut dem Immobilienverband Deutschland IVD Süd vor dem Hintergrund der Krise in der Bau- und Immobilienbranche sehr niedrig aus.
„Zahlreiche geplante Wohnbauvorhaben wurden zurückgestellt, viele Bauträger starten keine neuen Projekte, laufende Projekte wurden teils oder ganz abgestoppt. Die Stornierungen im Wohnungsbau türmen sich zu einem neuen Höchststand auf“, beschreibt Stephan Kippes, Leiter des IVD-Marktforschungsinstituts, die schwierige Lage. „Für das kommende halbe Jahr befürchten die Bauunternehmen mehrheitlich weitere Umsatzrückgänge.“
Neben den schwachen Genehmigungszahlen bereite seit vielen Monaten das Ansteigen des sogenannten Bauüberhangs, das heißt das Abstoppen beziehungsweise Verschieben bereits zum Bau freigegebener Projekte, große Sorgen. Angesichts der schon genannten Kriterien in Verbindung mit den sehr hohen Anforderungen an Neubauten, unter anderem in energetischer Hinsicht, seien die Projektkosten für Bauherren immer schwieriger kalkulierbar.
Es ist laut dem IVD Süd zu befürchten, dass viele Handwerksfirmen ihr Personal aufgrund einer schwachen Auftragslage vorerst abbauen werden. Diese Kapazitäten würden dann kurz- bis mittelfristig fehlen, wenn der dringend benötigte Wohnungsbau wieder anläuft.
„Die Gastronomie-Branche musste hier in der Corona-Zeit schon bittere Erfahrung machen, als viele freigestellte Mitarbeiter nach dem Ende der Pandemie nicht zurückkehrten, sondern in andere Berufe abwanderten und jetzt händeringend Personal gesucht wird. Die Politik sollte jetzt die Bau- und Immobilienbranche unbedingt unterstützen, damit es nicht in eine ähnliche Richtung geht und damit nicht die Baukapazitäten und das Personal fehlen, um die dringend benötigten Wohnungen zu bauen, wenn der Immobilienmarkt wieder anzieht“, sagt Kippes.
Im Jahr 2021 wurden in Baden-Württemberg laut statistischem Landesamt noch rund 45.800 Wohnungen in neuen Wohngebäuden zum Bau freigegeben. 2022 lag die Anzahl der genehmigten Wohneinheiten bei rund 42.100 Objekteinheiten. Im abgelaufenen Jahr 2023 erteilten die Behörden landesweit lediglich rund 28.600 Baugenehmigungen – das entspricht einem Minus von 38 Prozent gegenüber 2021 beziehungsweise 32 Prozent gegenüber 2022.
Neben April 2023 wurden die Monate August bis Dezember 2023 als die Monate mit den schwächsten monatlichen Baugenehmigungszahlen in der Betrachtung seit Januar 2021 mit jeweils rund 1.800 beziehungsweise 2.200 Objekteinheiten identifiziert. Im Jahr 2023 wurde die Baufreigabe durchschnittlich für 2.386 Wohneinheiten monatlich erteilt (2022: 3.514, 2021: 3.784).
In der Landeshauptstadt Stuttgart zeichnet sich ein ähnliches Bild ab: Im Jahr 2023 wurde für 632 Wohneinheiten die Baufreigabe erteilt (-31 % gegenüber 2022). Neben Februar (mit lediglich 3 Baugenehmigungen) und Mai (mit 29) waren insbesondere die Monate ab August extrem schwach mit den Baugenehmigungszahlen zwischen 13 und 43.
„Bremsen auf der einen Seite die deutlich zu geringen Genehmigungszahlen die Wohnungsproduktion erheblich ab, so wächst der Wohnraumbedarf – bedingt u.a. durch eine steigende Zahl an Einpersonen-Haushalten sowie hohe Zuzugszahlen – auf der anderen Seite weiter an“, so Kippes. „Eine der dringlichsten Aufgaben der Politik bleibt es daher, den Wohnbau schleunigst spürbar anzukurbeln, um den zu befürchtenden Engpässen entschieden entgegenzuwirken.“