Die Immobilienbranche scheint sich von den zurückliegenden Krisen zu erholen – wenngleich nicht in ganz Europa gleichermaßen stark. Zu diesem Schluss kommt der europäische Immobilienreport Property Index 2024, den die Unternehmensberatung Deloitte dieser Tage veröffentlicht.
Der Report analysiert Daten aus 69 Großstädten und 24 Ländern in Europa. Die Auswertung zeigt, wie sich der europäische Wohnimmobilienmarkt insgesamt und in den jeweiligen Ländern entwickelt, welche Herausforderungen in den einzelnen Märkten bestehen und welche Trends erkennbar sind.
„Wir beobachten eine sehr heterogene Situation auf den europäischen Wohnimmobilienmärkten, die sich mit dem Abflauen von wesentlichen Risikofaktoren wie Inflations- und Zinsanstieg sowie hohen Energie- und Rohstoffkosten langsam zu erholen scheinen – zumindest in einigen Regionen“, sagt Michael Müller, Sektorleiter Real Estate bei Deloitte. „Aus Käufer- und Mietersicht gilt jedoch weiterhin, dass Wohnen trotz einer leichten Abkühlung in den letzten Jahren europaweit sehr kostspielig bleibt und in manchen Regionen derzeit die Kaufpreise schon wieder zulegen, vor allem in Teilen von Ost- und Südeuropa.“
Wohnimmobilienmärkte in Europa entwickeln sich sehr heterogen
Die Entwicklung verläuft dabei über ganz Europa hinweg sehr uneinheitlich mit teils deutlichen Abweichungen gegenüber dem Vorjahr: In Italien brachen die Transaktionspreise für neue Wohnimmobilien um über zehn Prozentpunkte ein, Großbritannien, Norwegen und Dänemark erfuhren Rückgänge von über drei Prozent und auch in Deutschland und Frankreich sanken sie gegenüber 2022 um mehr als zwei Prozent.
Auf der anderen Seite zogen die Transaktionspreise in anderen Ländern zum Teil drastisch an: Um mehr als zehn Prozentpunkte stiegen die Wohnimmobilienpreise in Ungarn (+13,3 %), Polen (+12,2 %), Portugal (+11,5 %) und Griechenland (+10,0 %); auch Tschechien (+9,3 %), Slowenien (+8,8 %) und Bosnien Herzegowina (+6,3 %) verzeichneten Preisanstiege.
Israel seinen Titel als teuerstes Land im Erhebungsgebiet mit einem durchschnittlichen Transaktionspreis für Neubauwohnungen von 5.439 EUR/qm zurückerobert (Vorjahr: 5.701 Euro/qm). Der zweite Platz im Ranking der Immobilienpreise für Neubauten geht an Österreich, wo im Durchschnitt 4.920 EUR/qm aufgerufen wurden. Deutschland (4.700 Euro/qm) folgt in der Liste dicht dahinter, vor Frankreich und den Niederlanden.
Unter den europäischen Hauptstädten verzeichneten London (Innenstadt, -12,5 %), Kopenhagen (-7,4 %), Oslo (-5,2 %) und Bratislava (-2,0 %) sinkende Transaktionspreise. In Berlin stagnierten 2023 die Angebotspreise, wohingegen die Transaktionspreise der anderen europäischen Hauptstädte zum Teil zweistellig stiegen – am stärksten war die Preiszunahme in Budapest (+13,9 %), Warschau (+12,7 %), Lissabon (+12,1 %) und Athen (+12 %) ausgeprägt.
Talsohle bei deutschen Wohnimmobilienpreisen erreicht
Insgesamt ist der Wohnungsmarkt in Deutschland durch seine Heterogenität mit einer multizentrischen und föderalen Struktur gekennzeichnet. Da überrascht es nicht, dass sich beim Ranking der teuersten Immobilienpflaster in Europa alle vier untersuchten deutschen Städte (München, Frankfurt, Berlin, Hamburg) in den Top 10 platzieren konnten.
„Während die Angebotspreise der ausgewählten Städte in den vergangenen Jahren vor 2023 nur eine Richtung kannten – nämlich nach oben, ist für den aktuellen Erhebungszeitraum ein Rückgang bzw. eine Stagnation der Angebotspreise zu beobachten“, erklärt Müller. „Ein Preisrückgang zeigt sich vor allem in den großen Ballungsräumen, die historisch durch ein hohes Preisniveau gekennzeichnet sind, und betrifft sowohl Neubauten als auch Bestandsimmobilien.“
So sank beispielsweise der Durchschnittspreis für neue Immobilien beim deutschen Spitzenreiter München von 11.400 Euro pro Quadratmeter auf 10.900 Euro. Damit einhergehend hat sich die Preisdifferenz zwischen den untersuchten Großstädten und dem Landesdurchschnitt leicht verringert: So weist München mit 231,9 Prozent (Vorjahr: 237,4 %) gegenüber den Kaufpreisen im Bundesdurchschnitt immer noch das größte Delta auf, weit vor Frankfurt (163,8 %), Berlin (155,3 %) und Hamburg (151,1 %). Zum Vergleich: Noch um einiges größer sind die Kaufpreisunterschiede zwischen Paris und dem französischen Landesdurchschnitt (328,3 %).
Mieten in deutschen Großstädten weiter gestiegen
Im deutschen Mietmarkt legten die Preise in den untersuchten Großstädten in ähnlicher Größenordnung zu wie im Vorjahr 2022. Zugleich blieben die Marktbedingungen des vergangenen Jahres nahezu unverändert – ebenso wie der Mangel an bezahlbarem Wohnraum, der insbesondere in den Metropolregionen das Mietwachstum weiter antreibt. Neben den hohen Nettomieten müssen Mieter auch die weiterhin hohen Energiekosten stemmen.
„Zusammenfassend lässt sich sagen, dass das Marktumfeld für Wohnimmobilien in Deutschland nach wie vor herausfordernd ist, sowohl für Anbieter als auch für Nachfrager. Aber eine Stabilisierung des Marktes scheint mittlerweile weitgehend erfolgt zu sein – eine Trendwende ist in Sicht“, sagt Müller. Zugleich sank der Anteil der Deutschen in eigenem Wohnraum weiter – diverse Erhebungen sehen Deutschland mit einer Eigentumsquote von inzwischen unter 50 Prozent als europäisches Schlusslicht, das heißt, weit mehr als die Hälfte aller Deutschen ist Mieter einer Immobilie.
Hypothekenniveau beeinträchtigt die Erschwinglichkeit zunehmend
In ganz Europa hat die Erhöhung der Zinssätze durch die EZB zu höheren Kreditkosten geführt, was die Bezahlbarkeit von Krediten aufgrund höherer monatlicher Annuitäten und damit geringerem verfügbaren Einkommen beeinträchtigt. Infolgedessen bleiben potenzielle Käufer vorsichtig und verschieben den Erwerb.
„Die Kombination aus höheren Kreditkosten und immer noch hohen Immobilienpreisen hat europaweit die Erschwinglichkeit von Wohnraum verschlechtert, insbesondere in städtischen Zentren, wo die Nachfrage das Angebot meist um einiges übersteigt“, so Müller. „In Bezug auf die Erschwinglichkeit von Wohnraum schneiden vor allem die nordeuropäischen Länder wie Norwegen oder Dänemark am besten ab, während im Vergleich dazu die Menschen in einigen osteuropäischen Ländern wie Tschechien oder Slowakei vor ausgeprägteren Problemen bei der Finanzierung von Wohnraum stehen.“